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04.07.2024

Bericht aus der Kabinettssitzung vom 02. Juli 2024

1. Strategische Weiterentwicklung der LfA Förderbank Bayern / Förderung von Mittelstand und Transformationsvorhaben / Förderung von Zukunftsinvestitionen 

2. Bayern verstärkt Engagement bei der Finanzierung von Start-ups: ab 2025 neuer Fonds mit Volumen von 1 Mrd. Euro für bayerisches Start-up-Ökosystem / Neuer Direktinvestitionsfonds bei Bayern Kapital und Dachfonds bei der LfA Förderbank Bayern / Staatlicher Finanzierungsanteil wird auf bis zu 50 Mio. Euro pro Start-up erhöht

3. Bayerische Bundesratsinitiative zum Bürokratieabbau im Steuerrecht

4. Bayerische Initiative „Entbürokratisierung im Vereinssteuerrecht“ 

5. Bayern fordert Aussetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes bis zur Umsetzung der EU-Lieferkettenrichtlinie: Schaffung eines Level Playing Fields auf EU-Ebene / Bürokratiearme Umsetzung der EU-Lieferkettenrichtlinie in nationales Recht / Unterstützung für indirekt betroffene KMU



1. Strategische Weiterentwicklung der LfA Förderbank Bayern / Förderung von Mittelstand und Transformationsvorhaben / Förderung von Zukunftsinvestitionen

Der Ministerrat hat sich in seiner heutigen Sitzung mit der Weiterentwicklung der LfA Förderbank Bayern zu einer starken Mittelstands- und Transformationsbank befasst. Der enorme Investitionsbedarf, der durch die digitale und ökologische Transformation ausgelöst wird, erfordert die gezielte finanzielle Förderung von Zukunftsinvestitionen. Um Unternehmen bei entsprechenden Investitionen zu helfen und somit die Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Wirtschaft zu stärken, soll die LfA Förderbank Bayern zu einer „Bayern-KfW“ ausgebaut werden.

Erste Schritte wurden bereits eingeleitet. So wurde der Gründungs- und Wachstumskredit, Kernprodukt der LfA für Gründer, Nachfolger und etablierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU), für Betriebsmittelfinanzierungen geöffnet. Dies ist wichtig, da Betriebsmittel für schnelle Reaktionen auf neue Marktanforderungen sowie für Wachstum unerlässlich sind.

Der enorme Investitionsbedarf erfordert allerdings, dass das Unterstützungsinstrumentarium der LfA grundlegend ausgebaut wird. Dies schließt eine Verdoppelung der Darlehenshöchstbeträge, eine Verdoppelung der anteiligen Risikoentlastungen der LfA (Haftungsfreistellungen) sowie einen Ausbau der standortpolitischen Beteiligungen der LfA ein. Darüber hinaus sollen die Darlehensprodukte der LfA für den größeren Mittelstand (Jahresumsatz bis 500 Mio. Euro) geöffnet sowie Unternehmensnachfolgen noch besser gefördert werden. Dazu wird mit der LfA Förderbank Bayern ein Konzept erarbeitet und dem Ministerrat zur Behandlung im Herbst 2024 vorgelegt.

2. Bayern verstärkt Engagement bei der Finanzierung von Start-ups: ab 2025 neuer Fonds mit Volumen von 1 Mrd. Euro für bayerisches Start-up-Ökosystem / Neuer Direktinvestitionsfonds bei Bayern Kapital und Dachfonds bei der LfA Förderbank Bayern / Staatlicher Finanzierungsanteil wird auf bis zu 50 Mio. Euro pro Start-up erhöht

Der Bayerische Ministerrat hat heute beschlossen, das Engagement des Freistaates bei der Finanzierung von Start-ups zu verstärken. Im Zentrum der VC4Start-ups Initiative Bayern steht der am 13. Juni 2024 in der Regierungserklärung bekanntgegebene ‚Superrisikokapitalfonds‘ für Start-ups in der Wachstumsphase, bei dem Bayern Kapital einen staatlichen Finanzierungsanteil von bis zu 50 Mio. Euro pro Unternehmen (Fondsvolumen 600 Mio. Euro) ermöglichen soll. Zusammen mit weiteren neuen Fonds in den Segmenten Frühphase und Fonds-in-Fonds-Investments will der Freistaat das bayerische Start-up-Ökosystem im Zeitraum zwischen 2025 und 2035 durch zwei neue Fondsgenerationen mit bis zu 2 Mrd. Euro unterstützen.

Bayern braucht Start-ups, die Innovation und Wirtschaftswachstum ankurbeln und langfristig Fortschritt sowie Arbeitsplätze sichern. Bayern ist gemessen an den Neugründungen führendes Start-up-Land im Bundesvergleich und bei den Finanzierungsrunden mit an der Spitze. Start-ups sind auf Wagniskapital angewiesen, da die Aufbau- und Wachstumsphase kapitalintensiv und eine Finanzierung über Fremdkapital meist nicht möglich ist. Die Finanzierungslandschaft für Start-ups und das Fundraising-Klima für Fonds haben sich durch den Krieg in der Ukraine sowie die Zinswende seit 2022 deutlich eingetrübt. Die Auswirkungen zeigen sich in einer rückläufigen Investitionsaktivität und weniger Geld für Start-ups. Dieser Entwicklung tritt der Freistaat mit einer Verstärkung der öffentlichen Investitionen im Rahmen der VC4Start-ups Initiative Bayern aktiv entgegen.

Mit der VC4Start-ups-Initiative wird die Handlungsfähigkeit der Bayern Kapital und der LfA bei Direkt- sowie Fondsinvestitionen weiter gestärkt und die Finanzierung für das bayerische Start-up Ökosystem – insbesondere auch für Unternehmen aus den DeepTech-Bereichen – nachhaltig gesichert.


3. Bayerische Bundesratsinitiative zum Bürokratieabbau im Steuerrecht

Bürokratieabbau gehört zu den zentralen Handlungsschwerpunkten der bayerischen Standortpolitik. Bürokratie bindet wertvolle Ressourcen in den Unternehmen und wirkt dadurch wie ein Bremsklotz für die Wirtschaft in Deutschland. Daneben werden sowohl die Bürgerinnen und Bürger als auch die Verwaltung oft unnötig belastet. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist es daher unbedingt erforderlich, die Rahmenbedingungen sowohl für die Unternehmen und Handwerksbetriebe als auch für die Bürgerinnen und Bürger bestmöglich zu gestalten. Deshalb sollen auch auf Bundesebene starke Impulse zum Bürokratieabbau gesetzt werden. Im Fokus steht dabei insbesondere auch das Steuerrecht, das den Betroffenen eine Vielzahl von Erklärungs-, Dokumentations- und Aufzeichnungspflichten auferlegt.
Vor diesem Hintergrund hat der Ministerrat in seiner heutigen Sitzung eine Bundesratsinitiative zum Bürokratieabbau im Steuerrecht beschlossen:

1. Abschaffung der Belegausgabepflicht
Die zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen ab 1. Januar 2020 bundesrechtlich eingeführte Belegausgabepflicht für sämtliche Geschäftsvorfälle belastet Unternehmer und Umwelt in erheblichem Maße, ohne dass dem ein konkreter Nutzen gegenübersteht. Durch die Verpflichtung zur Ausstattung elektronischer Kassensysteme mit einer technischen Sicherheitseinrichtung ist die Nachprüfbarkeit der steuerlichen Erfassung von Umsätzen bereits hinreichend gegeben. Darüber hinaus werden inzwischen die meisten Verkaufsvorgänge bargeldlos per Debit- oder Kreditkarte abgewickelt. Damit sind keine weiteren steuerlichen Vorkehrungen zur Überprüfung der Vollständigkeit der Einnahmen erforderlich. Es ist daher an der Zeit, die bestehende allgemeine Belegausgabepflicht durch eine Belegausgabe auf Verlangen zu ersetzen.

2. Anhebung der Betragsgrenze für sog. geringwertige Wirtschaftsgüter
Selbständig nutzbare Wirtschaftsgüter können nach geltendem Recht sofort abgeschrieben werden, wenn die Anschaffungs- und Herstellungskosten 800 Euro nicht übersteigen (sog. „geringwertes Wirtschaftsgut“). Um den zwischenzeitlich eingetretenen erheblichen Preissteigerungen Rechnung zu tragen, soll die Wertgrenze für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter auf 2.000 Euro angehoben werden. Dies verbessert nicht nur die Investitionsbedingungen für Betriebe, sie vereinfacht auch das Steuerrecht, da parallel die Regelungen zur Bildung eines Sammelpostens entfallen kann.

3. Anhebung des Arbeitnehmerpauschbetrags
Im Bereich der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit werden Werbungskosten ohne konkreten Nachweis pauschal bis zu Höhe von derzeit 1.230 € im Jahr berücksichtigt und abgegolten. Mit einer substanziellen Erhöhung dieses Arbeitnehmerpauschbetrags auf 2.000 Euro kann der Ermittlungsaufwand für viele Bürgerinnen und Bürger bei der Erstellung der jährlichen Steuererklärung weiter deutlich verringert werden. Darüber hinaus profitiert auch die Finanzverwaltung von einer erheblichen Reduzierung des Prüfaufwands.

4. Anhebung der Freigrenze für Pflichtveranlagungen
Die seit 1958 unverändert geltende Freigrenze für Pflichtveranlagungen von 410 Euro ist nicht mehr zeitgemäß. Um die Handlungsfähigkeit der Finanzverwaltung auch in Zukunft zu gewährleisten, ist eine Erhöhung der Pflichtveranlagungsgrenze auf 2.000 Euro geboten. Dies entlastet sowohl die Verwaltung als auch die Steuerbürgerinnen und -bürger von unnötiger Bürokratie und sorgt für mehr Steuergerechtigkeit.

5. Einführung eines Freibetrags für Lohnersatzleistungen
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die vorübergehend Lohn- und Einkommensersatzleistungen beziehen, müssen nicht nur eine Einkommensteuererklärung abgeben, sondern werden auch mit Steuernachforderungen konfrontiert. Diese spätere Steuernachzahlung trifft insbesondere Beschäftigte mit geringem Einkommen hart. Durch Einführung eines Freibetrags in Höhe von 6.000 Euro beim sogenannten Progressionsvorbehalt sollen Bürgerinnen und Bürger von finanziellen Engpässen und unnötiger Steuererklärungsabgabe entlastet werden.


4. Bayerische Initiative „Entbürokratisierung im Vereinssteuerrecht“

Bayern ist ein Land des Ehrenamtes. Vereine und ehrenamtliches Engagement spielen in unserem demokratischen Gemeinwesen eine wichtige Rolle und sind für unsere Gesellschaft unverzichtbar. Ohne Vereine wäre das kulturelle und gesellschaftliche Leben in den Städten und Gemeinden unseres Landes um ein Vielfaches ärmer. Aus diesem Grund muss das Ehrenamt auch steuerlich noch stärker gefördert und die Arbeit der gemeinnützigen Vereine weiter erleichtert werden. Daher hat der Ministerrat in seiner heutigen Sitzung beschlossen, sich im Bundesrat dafür einzusetzen, dass unnötige Bürokratie für gemeinnützige Vereine und ehrenamtlich Tätige abgebaut und deren Wirken zum Wohle aller weiter erleichtert wird:

1. Abschaffung des Erfordernisses der zeitnahen Mittelverwendung
Die sogenannte „zeitnahe Mittelverwendung“ gibt vor, dass gemeinnützige Körperschaften ihre Mittel spätestens innerhalb von zwei Kalenderjahren für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwenden müssen. Diese zeitlich befristete Verwendungspflicht verursacht nicht nur einen erheblichen Druck auf die Vereine, sondern ist auch in der Dokumentation und Überprüfung sehr aufwändig und zeitintensiv. Ihre Abschaffung würde für die gemeinnützigen Körperschaften wie auch für die Verwaltung eine erhebliche Entbürokratisierung bewirken.

2. Anhebung und Flexibilisierung der Besteuerungsgrenze für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe
Wirtschaftliche Geschäftsbetriebe von gemeinnützigen Körperschaften unterliegen erst dann der Ertragsteuer, wenn die Einnahmen über 45.000 Euro liegen und der Gewinn mehr als 5.000 Euro beträgt. Eine Anhebung auf 55.000 Euro und eine Flexibilisierung dieser Grenze in Form einer durchschnittlichen Dreijahresbetrachtung würde besonders Vereine bei einmaligen Veranstaltungen entlasten. Somit können einmalige Schwankungen, wie z. B. durch ein größeres Jubiläumsfest, abgefedert werden.

3. Vereinsfest-Pauschalierung bezüglich Helfer-Essen
Vereinsfeste sind ein wesentlicher Bestandteil eines funktionierenden Vereinslebens. Dabei sind derartige Veranstaltungen immer mit einem großen Aufwand verbunden, der nur mit vielen helfenden Händen bewältigt werden kann. Zuwendungen an die Helfer – meist in Form von Speisen und Getränken – sollen bis zu einer bestimmten Höhe pauschal als steuerlich unschädlich behandelt werden.

4. Anhebung der Steuerfreibeträge sowie Förderung des unentgeltlichen Ehrenamts
Zur Stärkung des ehrenamtlichen Engagements soll die Ehrenamtspauschale von derzeit 840 Euro auf 1.000 Euro und der Übungsleiterfreibetrag von 3.000 Euro auf 3.500 Euro angehoben werden. Zusätzlich soll auch das unentgeltliche Engagement steuerlich begünstigt werden. Dies betrifft vor allem ehrenamtliche Helfer in kleineren Vereinen, deren Finanzausstattung entsprechende Zahlungen oft nicht erlaubt. Hierfür soll eine Steuerermäßigung in Höhe von beispielsweise 420 Euro eingeführt werden, die die zu zahlende Einkommensteuer des unentgeltlich tätigen Ehrenamtlichen mindert.

5. Anhebung der Umsatzgrenze für den pauschalen Vorsteuerabzug
Die Umsatzgrenze für die Vereinfachungsregelung zum pauschalen Vorsteuerabzug soll von derzeit 45.000 Euro auf 55.000 Euro angehoben werden. Darüber hinaus sollte die Grenze flexibler ausgestaltet werden (Dreijahresbetrachtung). Eine einmalige Überschreitung der Grenze soll künftig nicht mehr zum Verlust der Vereinfachung im Folgejahr führen.


5. Bayern fordert Aussetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes bis zur Umsetzung der EU-Lieferkettenrichtlinie: Schaffung eines Level Playing Fields auf EU-Ebene / Bürokratiearme Umsetzung der EU-Lieferkettenrichtlinie in nationales Recht / Unterstützung für indirekt betroffene KMU

Bayern fordert im Rahmen einer Bundesratsinitiative die Aussetzung des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) bis zur nationalen Umsetzung der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD, „EU-Lieferkettenrichtlinie“). Bei der Regulierung unternehmerischer Verantwortung in globalen Lieferketten muss nun zunächst ein Level Playing Field auf EU-Ebene geschaffen werden, um deutsche Unternehmen im Vergleich zu europäischen Wettbewerbern nicht zu benachteiligen. Eine Doppelbelastung aus Einhaltung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes bei gleichzeitiger Vorbereitung auf die Regeln der EU-Richtlinie ist für die Unternehmen nicht zumutbar.

Die CSDDD wurde vom Rat der EU formal bestätigt und muss innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden – in Deutschland im Rahmen des bereits auf nationaler Ebene bestehenden LkSG. In etlichen Bereichen verschärft die EU-Richtlinie das LkSG (z.B. mit Blick auf die vorgesehene Möglichkeit einer zivilrechtlichen Haftung und den umfangreicheren Einbezug der Lieferketten) bzw. stellt andere, nicht deckungsgleiche Anforderungen. Es gibt aber auch Unternehmen, die erst in einigen Jahren oder gar nicht im Anwendungsbereich der EU-Richtlinie liegen, jetzt aber bereits vom LkSG betroffen sind.

Nach Aussetzung des LkSG fordert Bayern eine schlanke Umsetzung und einen bürokratiearmen Vollzug der EU-Richtlinie ohne Gold Plating, also den Verzicht auf Regelungen im Rahmen der nationalen Umsetzung, die über die EU-Vorgaben hinausgehen. Besonders im Fokus sollte die Entlastung der KMU stehen, die nicht im Anwendungsbereich der EU-Richtlinie liegen, aber indirekt über Vertragsbeziehungen zu im Anwendungsbereich liegenden Unternehmen von den Sorgfaltspflichten betroffen sind.

Unabhängig davon wird die Bundesregierung aufgefordert, sich nochmals auf EU-Ebene für eine grundsätzliche Überarbeitung der EU-Lieferkettenrichtlinie einzusetzen, welche insbesondere die für die KMU entstehenden Belastungen reduziert.